Der Weg zum eigenen Gin. Was muss man beachten und welche Stolpersteine gibt es? Der aktuelle Gin-Boom durch die Brille eines Gin-Herstellers betrachtet. Gibt es noch Potential und wo geht die Reise hin?
Diese und viele weitere Punkte die euch sicher ebenfalls brennend interessieren, spreche ich im Gespräch mit Herr Jörg Fiedler dem Gründer von Juniper Jack Gin an! Kommen wir nun zum Interview:
Interview mit Jörg Fiedler
Ich: Die meisten Leser von Cocktailsworld kennen Juniper Jack noch gar nicht. Stell doch einfach Juniper Jack mal kurz vor. Wer steckt hinter Juniper Jack Gin? Wie bist du überhaupt zum Brennen gekommen?
Jörg Fiedler: Jörg Fiedler und Siegbert Hennig sind die beiden entscheidenden Personen die hinter Juniper Jack stehen. Siegbert Hennig ist ein Brennmeister den ich seit 9 Jahren mittlerweile kenne. Ich habe früher in meinem „früheren Leben“ 5 Jahre für das Weingut Schloss Proschwitz gearbeitet. Komme also aus der Weinbranche.
Mich interessieren einfach Genüsse, Speisen und Getränke. Nach den 5 Jahren habe ich mich selbstständig gemacht und habe Wein und Spirituosen gehandelt. Ich habe sehr viele Spirituosen von Siegbert Hennig verkauft. Da sitzt man naturgemäß öfters am Tisch zusammen und überlegt was kann man gemeinsam noch machen.
Ihn hat es wirklich in den Fingern gejuckt, abseits dieser Obstbrände mal mit Ätherischen Ölen zu arbeiten. Da ist das Thema Gin prädestiniert dafür und für mich war es die Möglichkeit mein eigenes Baby heraus zu bringen. Ich hab das oft für andere gemacht und für mich war es die Chance ganz was Eigenes für mich zu machen. Wir saßen zusammen und haben dies beschlossen. Schon einen Tag später bin ich losgezogen in die Bibliothek und habe angefangen zu Rechnereien und bin noch am selben Tag auf Juniper Jack gestoßen der in London gelebt hat.
Ich: Viele Gins haben ja eine Geschichte. Welche Geschichte steckt denn hinter euren Gin und warum der Name Juniper Jack und das Label Independent Spirits?
Jörg Fiedler: Gin braucht einen Namen und einen Tag nach unserer Entscheidung bin ich auf den Namen gestoßen. Juniper Jack und sein Charakter den er an den Tag legt passte einfach zu uns wie „Deckel auf Topf“. Er ist ein Rebell gewesen damals 1736, also vor 280 Jahren. Er hat in einer Brennerei in London gearbeitet und ist arbeitslos geworden. Da King George der Zweite den Gin-Act raus gebracht hat und nur noch 8 Lizenzen an Brennereien vergeben hat die weiter brennen durften. Seine Brennerei war leider nicht dabei. Diese Machtausübung hat ihn nicht so geschmeckt und er hat sich entsprechend revangiert. Zwar nicht mit Fackelumzug und Steine werfen, sondern er hat einen kreativen künstlerischen Weg gefunden. Er hat ein Theaterstück geschrieben, dieses Theater steht sogar heute immer noch. Dieses rebellische passt ebenfalls zu uns und wir können uns damit identifizieren. Gerade in dieser Ginwelle die gerade stattfindet, wollen wir uns dagegen positionieren.
Ich: Was unterscheidet denn euren Gin von anderen deutschen Gin-Brands, gerade in Zeiten des Gin-Booms? Warum das Prädikat London Dry Gin?
Jörg Fiedler: Uns war einfach wichtig, wenn wir etwas machen, dann machen wir es richtig zu 100 %. Uns war auch klar, dass wir einen London Dry Gin in die Flasche bringen wollen und darunter machen wir es nicht. Diese Königsdisziplin wo man auf alles verzichtet, wo man sozusagen acapella singen muss ohne das Tonstudio im Hintergrund zu haben. Wo man wirklich mit den Botanicals arbeiten und Know How an den Tag legen muss mit dem Brennprozess.
Da kann man sich wirklich nur mit einen London Dry Gin unterscheiden. Uns war auch klar, dass wir einen klassischen London Dry Gin machen wollen den man auch in 10 Jahren noch mag. Die ganzen exotischen Früchte, oder Kräuter fielen für uns auch im Vornherein weg. Wir wollten einen zeitlosen, klassischen und wacholdrigen Gin haben. Wir haben uns natürlich umgeschaut und verkostet, aber letztendlich ging es uns darum etwas in die Flasche zu bringen was uns schmeckt.
Ich: Eine Frage zu den Botanicals. 10 Botanicals zeichnen euren Gin aus. Wie war der Weg, bis ihr gemerkt habt, dass gerade diese 10 Botanicals genau die Richtigen waren?
Jörg Fiedler: Klar Wacholder ist die wesentlichste und wichtigste Komponente. Da schaut man sich ganz genau um wo bekommt man Wacholder her. Man kann sich Wacholder aus Skandinavien, Italien, oder Portugal usw. besorgen, oder wie in unseren Fall aus Kroatien. Vor 2 Wochen habe ich unseren Wacholdersammler persönlich getroffen.
Es ist zum einen entscheidend die Auswahl der Botanicals. Zum anderen fängt man an mit wenigen Botanicals zu destillieren. Man beginnt mit 2 bis 3 Botanicals, destilliert diese und probiert. Man passt die Mengenverhältnisse an und dann tastet man sich langsam an einen komplexen Gin heran. Mit jeder weiteren Komponente vervollständigt man ein Bild was man im Kopf hat. Die Komplexität entsteht in dem Balancen.
Man hat Zitrusnoten von Bitterorangen und Zitronenschale und ein Gegenpol wie Wermutkraut, die Minze gibt eine leichte Frische, Koriander gibt einen pfeffrigen orientalischen Touch. Auf die Brombeerblätter sind wir deshalb gekommen, da Juniper Jack diese explizit in sein Theaterstück benennt. In seinen Theaterstück sind die Darsteller eben auch Botanicals.
Ich: Eure Erstauflage beinhaltet ja 1736 Flaschen letztes Jahr. Ist da noch Wachstum möglich und wie sieht eure langfristige Prognose aus?
Jörg Fiedler: Wir werfen unsere Vorstellungen und Ziele nicht über den Haufen nur weil es erfolgreich läuft. Wir sind limitiert von vornherein. Wir werden pro Jahr 5000 bis 6000 Flaschen schaffen können. Da es immer mit Siegbert Hennig und seiner Brennerei gekoppelt ist.
Wir werden nie ein riesen Wachstum haben und das ist mir auch lieb so. Denn größere Mengen erfordert ein anderes Arbeiten. Ich müsste mehr Leute einstellen, ich müsste den Weg verlassen der mir momentan lieb ist. Ich müsste mich mit Themen beschäftigen die mit der Spirituose, oder der Barszene nichts mehr zu tun haben. Aber gerade das macht mir ja Spaß. Das ist das wofür ich lebe und was ich auch alleine bestämmen möchte und ich möchte in der Hinsicht auch völlig unabhängig sein und das ist man nicht mehr wenn man Angestellte und Investoren hat.
Ich: Eine ganz allgemeine Frage. Was macht dir persönlich einen guten Gin aus und gibt es einen Gin der euch inspiriert hat?
Jörg Fiedler: Es kommt auf die Situation und auf die Gelegenheit an und was ich gerade für eine Stimmung habe. Will ich einen klassischen Gin haben, will ich einen sehr fruchtigen Gin haben, oder einen süßeren Gin. Ist der Gin zum pur trinken gedacht, oder für Gin & Tonic, oder Martinis und andere Mixgetränke. Das ist auch der Grund warum Gin so erfolgreich ist. Es gibt unzähliche Kombinations- & Spielmöglichkeiten. Gerade mit den neuen Tonics die auf dem Markt sind kann man unglaublich viel experimentieren und testen.
Ich: Das ist ja auch das was Gin auch ausmacht. Ein Bourbon bleibt im Grunde immer ein Bourbon. Ich mag auch Gin, da er so vielseitig ist. Aber auch für mich gibt es nicht den Gin.
Aber gleich zu nächsten Frage. habt ihr vor eure Produktpaltte zu erweiten wie etwa ein Reserve-Gin, oder Sloe-Gin? Oder anderes gesagt soll euer Baby ein Einzelkind bleiben?
Jörg Fiedler: „Ha ha ha“, aber ich glaube mit der Einzelkind-Idee kann ich mich sehr gut anfreunden. Der Juniper Jack Gin ist so gemacht, dass er auch in 10 Jahren noch sehr gerne getrunken wird. Wenn du eine Sache voran bringen willst, musst du dich auf eine Sache konzentrieren. Sobald du ein zweites, oder 3 Baby hast, verteilst du ja auch deine Energie. Was ich mir aber vorstellen kann ist z.B. ein Navy Strength Gin, oder ganz unplugged, also unfiltriert. Ansonsten soll der Juniper Jack Gin so unverfälscht bleiben wie er ist.
Ich: Der Gin-Trend ist momentan noch aktuell. Wie ist denn da deine Prognose? Gerade aus Sicht eines Brenners, ist denn der Peak-Gin schon erreicht?
Jörg Fiedler: Für mich auch eine ganz schwierige Frage. Ich habe auch keine Glaskugel bei mir, die ich fragen kann. Aber ich glaube man muss unterscheiden zwischen Privatkonsumenten und Fachszene. Gerade für Fachleute ist Gin schon lange präsent.
Für den Normalsterblichen kommt Gin gerade erst richtig an. Ich glaube auch, dass Privatkonsumenten sich erst langsam heran trinken und die Spielmöglichkeiten erst jetzt auskosten. Deshalb denke ich nicht, dass der Gin-Trend vorbei ist. Natürlich gibt es zurzeit diese Vielfalt und Menge an Gin, aber auch das wird sich wieder sondieren. Schaut man auf Juniper Jack ist das völlig unabhängig ob Gin gerade ein Trend ist, oder nicht. Wir hätten Junuiper Jack auch gemacht wenn gerade kein Trend da wäre. Wir wollten etwas machen wo wir unseren Stempel aufdrücken können. Auch wenn der Gin-Boom abflacht, die Menge ist so klein und so begrenzt, dass es dafür auch Liebhaber geben wird.
Ich: Das sieht man ja auch aktuell in gut sortierten Supermärkten. Die Ginflaschen werden mehr und auch viele Tonics werden angeboten. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Gin jetzt erst bei der breiten Masse ankommt. Gerade weil Gin so vielseitig ist. Speziell auch in anderen Ländern der EU wie Spanien, wo die Ginauswahl in den Märkten sehr groß ist und man sogar zum Teil an der Kasse Gewürze für Gin & Tonic bekommt.
Jörg Fiedler: Es sicher ein bisschen zeitversetzt.
Ich: Mal eine andere Frage. Was muss man mitbringen, wenn man auf die Idee kommen sollte eine eigene Gin-Brennerei aufzumachen? Auf welche Hürden stößt man, vor allem in Deutschland?
Jörg Fiedler: Man kann gar nicht an alle Hürden denken. Man macht sich eine Liste und man denkt man muss das und das erledigen und es kommt am Ende das doppelte, oder dreifache auf dich zu. Man muss ein richtiges Allroundtalent sein. Das Besondere in meinen Fall ist, ich mache ja alles alleine. Es gibt keine Partner, oder Menschen die sich auf bestimmte Dinge spezialisiert haben, es hängt am Ende alles an mir als Person. Du musst halt Spaß daran haben, du musst dafür brennen im wahrsten Sinne des Worts. Wenn du nach den ersten Schwierigkeiten aufhörst hast du bereits verloren. Du musst mit den Botanicals arbeiten können, du musst sensorisch fit sein, du musst wirtschaftlich denken können, du musst mit Menschen reden können, du musst einfach bock darauf haben.
Ich: Wie ist es denn dann speziell in Deutschland eine Brennerei-Lizenz zu bekommen, man kann ja sicher nicht einfach so Gin brennen?
Jörg Fiedler: Es ist fast ausgeschlossen. Du kannst nur brennen wenn du eine alte Brennerei-Lizenz besitzt. Es gibt nur eine Möglichkeit um da herum zu kommen wie eine Verschlussbrennerei. Das ist allerdings ein sehr großer bürokratischer, juristischer und finanzieller Aufwand.
Ich: Das ist doch sicher der Grund, dass es in Deutschland so viele Compound-Gin-Brands gibt? Ich denke mal viele Gin-Startups die eine gute Idee haben, stoßen dann auf diese Hürde und versuchen dann mit Obstlerbrennern die noch eine alte Brennerei-Lizenz haben zusammen zu arbeiten, da es ja fast unmöglich ist eine eigene Brennerei aufzumachen, oder?
Jörg Fiedler: Der Entschluss eine komplett neue Brennerei aufzumachen ist schon gewaltig und man muss viel Geld dafür haben. Ich hatte halt das Glück und die freundschaftliche Beziehung zu Siegbert Hennig. Was ganz entscheidend ist, dass ist Vertrauen und eine gemeinsame Sprache. Du musst 2 Jahre mit einen Menschen an einer Sache arbeiten, ohne das es je einen Euro einspielt und da an einer Sache zu bleiben, das ist schon eine Nummer. Man braucht dazu eine langen Atem.
Ich: Kommen wir zu einer ganz einfachen und persönlichen Frage. Wie trinkst du eigentlich gerne deinen Gin und kommst du auch noch dazu?
Jörg Fiedler: Ja ich komme noch dazu. Man muss aber auch sagen, ich bin nicht mein bester Kunde. Wenn ich Gin trinke, dann relativ simpel und straight. Mit Eiswürfeln, Gin nach Lust und Laune und mit Tonic Water aufgießen und eigentlich keiner Garnitur.
Ich: So Jörg, dann bedanke ich mich für das Interview. Doch wo kann man euren Gin beziehen?
Jörg Fiedler: In der Gourmetage in Erfurt und Berlin, in Karstadtmärkten wie in Dresden, Leipzig und Berlin und in ausgewählten Bars. Natürlich auch online auf unseren Shop.
Ich:Dann bedanke ich mich Jörg.
Jörg Fiedler: Vielen Dank Christian.
Schlusswort
Ich hoffe euch hat mein erstes Interview gefallen und ihr habt einen kleinen Einblick in die Welt eines Gin-Brenners bekommen. Falls ihr mehr über Juniper Jack erfahren wollt, oder den Gin mal selber probieren möchtet, dann findet ihr hier
den Gin von Juniper Jack.
Außerdem verlose ich in meinen Gin & Tonic Gewinnspiel eine der letzten Flaschen der ersten Auflage. Das Gewinnspiel findet ihr auf meiner Facebookseite, oder auf meinen Blog. Ebenfalls ist der Juniper Jack Gin in meinenr App Gin & Tonic Explorer eingebunden, dort könnt ihr schauen welches Tonic Water und welche Garnierung zu diesen Gin passt. Den Gin & Tonic Explorer findet ihr unter der Kategorie Specials.
So dann Prost, euer Christian 😉